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Europäisches Forum Onkologie 2012

Dienstag, 15. Mai 2012 – Autor: Anne Volkmann
Beim Europäischen Forum Onkologie 2012 trafen sich rund 250 Entscheider, um über die Zukunft der Onkologie zu beraten. Unter anderem wurde darüber diskutiert, wie sich Europas Onkologen besser miteinander vernetzen können.

Otmar Wiestler, Sprecher des DKTK

Am 3. und 4. Mai 2012 trafen sich in Berlin hochrangige Mediziner, Vertreter der Wissenschaft, der Gesundheitspolitik und der Industrie zum zweiten Europäischen Forum Onkologie, um über die Herausforderungen zu beraten, vor denen die Onkologie in Europa in Forschung, Prävention und Therapie steht. Rund 250 Entscheider diskutierten darüber, wie sich nationale und europäische Anstrengungen besser verzahnen lassen und wie klinische Praxis und industrielle Forschung optimiert werden können.

Thema der Zukunft: Die Personalisierte Krebsmedizin

Nach Aussage von Prof. Hedvig Hricakh, Leiterin der Radiologie im Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, stehen wir vor einer Revolution in der Medizin. Die Essenz dieser neuen Medizin seien die Biomarker und ihr Ziel sei eine prädiktive, prognostische und personalisierte Medizin. Mit prädiktiven Biomarkern könne man eines Tages herausfinden, welches Medikament bei welchem Patienten zu welchem Zeitpunkt wirke. Allerdings steckt die Forschung hierzu noch in den Kinderschuhen.

Die Kongressteilnehmer waren sich einig, dass es von zentraler Bedeutung ist, eine europäische Strategie für die Entwicklung von personalisierter Krebsmedizin festzulegen. Europa kann im Segment der prädiktiven Biomarker eine führende Rolle spielen, insofern technologische Plattformen gegründet, neue Strategien für die Durchführung von klinischen Studien entwickelt und neue Strukturen für die Evaluation von Innovationen und Wirtschaftlichkeit geschaffen werden. Die Krebsforschung und -versorgung bedürfen neuer Kooperationsformen angesichts wachsender Komplexität wie etwa bei der grossen Anzahl von Patienten in Subgruppen einzelner Diagnosen, um aussagekräftige Datenmengen und innovative Forschung zu ermöglichen. Ein europaweiter Lösungsansatz ist hierbei unumgänglich.

Prof. Richard Schilsky, stellvertretender Direktor des Comprehensive Cancer Center der Universität Chicago, betonte, dass es immer wichtiger wird, die verschiedenen Untergruppen bei den einzelnen Krebskrankheiten zu unterscheiden, um Medikamente gezielter einsetzen zu können. Auch die präventiven Massnahmen müssten ausgebaut werden in Form von integrativen Ansätzen zu Prävention, Früherkennung und Therapie. Prof. Dr. Alexander Eggermont, Direktor des Instituts Gustave Roussy in Villejuif, erklärte, dass sich die medizinische Forschung durch die Molekularbiologie völlig verändert habe. So habe man in der Forschung bisher 182 verschiedene Gene ausgemacht, die verantwortlich für die Entstehung von Brustkrebs sind. Wenn man herausfinden würde, welche Gene für welche Arten von Brustkrebs verantwortlich sind, könne man diese eines Tages durch Medikamente gezielt ausschalten.

Prävention

Prävention ist von überragender Bedeutung zur Bekämpfung von Krebserkrankungen. Wie Prof. Schilsky betonte, lassen sich 30 Prozent der durch Krebs bedingten Todesfälle auf die Lebensweise wie mangelnde Bewegung, Tabak, Alkohol und Ernährung zurückführen. Alleine rund 20 Prozent aller Krebstoten weltweit sind auf den Tabakkonsum zurückzuführen. Insbesondere die Eindämmung des Tabakkonsums sei eine zentrale Aufgabe bei der Krebsprävention.

Prävention ist die kostengünstigste Möglichkeit, die Anzahl der Krebstoten weltweit signifikant zu reduzieren und die Therapiekosten zu senken. Im Jahre 2030, so Prof. Schilsky, werden weltweit 13,2 Mio. Krebstote erwartet, davon 60 bis 70 Prozent in Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen. Es wird erwartet, dass im Jahre 2030 mehr als 150 Mrd. Euro zur Krebsbehandlung ausgegeben werden. Im Bereich der Krebsprävention ist besonders die Gesundheitspolitik gefordert, darin waren sich die Teilnehmer des zweiten Europäischen Forums Onkologie einig.

Europas Onkologen müssen sich besser vernetzen

Einig waren sich die Teilnehmer des Kongresses auch darin, dass die Strukturen in der onkologischen Forschungs- und Therapielandschaft in der EU dringend verbessert und die Kräfte weiter gebündelt werden müssen, um die vielfältigen Herausforderungen zu meistern. Verschiedene Ansätze hierzu gibt es bereits. So stellte Prof. Dr. Ulrik Ringborg, Direktor des CancerCenter Karolinska in Stockholm, die EurocanPlatform vor, ein Netzwerk der führenden Krebsforschungsinstitute in der EU, das für die wissenschaftliche Leitung des Forums Europäischen Forums Onkologie verantwortlich war. Das Ziel von Eurocan ist es, die Ergebnisse der europäische Krebsforschung schneller zum Patienten zu bringen - auch in den Bereichen Prävention, Früherkennung und Versorgung. 28 Europäische Krebsinstitute und -organisationen arbeiten im Rahmen der Eurocan-Platform bisher zusammen.

Ein deutsches Netzwerk, das sich gerade im Aufbau befindet und das bei den Teilnehmern auf grosses Interesse stiess, ist das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK). Das DKTK, welches mit Unter-stützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Krebshilfe und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) etabliert wurde, hat sich die Aufgabe gestellt, durch den Aufbau von translationalen Forschungseinheiten an bundesweit vernetzten Partnerstandorten die Entwicklung massgeschneiderter Ansätze für eine verbesserte Patientenversorgung voranzutreiben. Im Fokus stehen dabei innovative klinische Studien und interdisziplinäre Forschungsansätze, die zu einer Verbesserung der Vorsorge und Diagnose sowie zu einer rascheren Anwendung personalisierter Therapien für Krebspatienten beitragen sollen.

Grosse Unterschiede bei den Versorgungsstrukturen in Europa

Die Therapieerfolge in der Onkologie in Europa sind sehr unterschiedlich. Bei der Betrachtung der Überlebenschancen bei Krebserkrankungen nach fünf Jahren ist ein deutlicher Unterschied zwischen den EU-Mitgliedstaaten sichtbar. Da diese Unterschiede weder auf die Existenz von Krebsmedikamenten noch auf finanzielle Bedingungen zurückgeführt werden können, scheinen organisatorische Strukturen massgeblich für die Qualität der Versorgung verantwortlich zu sein. Viele Redner betonten daher die Notwendigkeit einer besseren Organisation und Vernetzung von Forschungseinrichtungen, Kliniken und Praxen.

Als zentral wurde die Frage angesehen, wie die Forschungsergebnisse schneller in die klinische Praxis umgesetzt werden können. Prof. Dr. Wim H. van Harten, Präsident der Organisation of European Cancer Institutes (OECI), ein weiterer wichtiger Kooperationspartner des Europäischen Forums, nannte folgende Aspekte als Grundlage für einen möglichen Massnahmenkatalog: 1. Die Vereinheitlichung und Standardisierung von Forschung und Gesundheitsversorgung in der EU; 2. Die Schaffung eines Anreizsystems (auch finanzielle) für verbesserte interne und externe Kommunikation in der EU; 3. EU-einheitliche Zertifizierungssysteme; 4. Die Entwicklung von Programmen, die Ungleichheiten zwischen den Ländern und innerhalb der Länder in der EU verringern.

Weiterhin wurde von den Teilnehmern des Kongresses der Ausbau von Patientendatenbanken und Krebsregistern gefordert. Krebsregister sind für die Krebstherapie extrem wichtig, da nur sie anzeigen, was tatsächlich hilft und was nicht zielführend ist. Die EU-Länder sind bei dem Aufbau und der Nutzung von Daten aus Krebsregistern sehr unterschiedlich aufgestellt. Dies muss sich dringend ändern und hierin liegt ein grosses Handlungsfeld für eine qualitätsgesicherte Vereinheitlichung in der EU.

Eine europäische Roadmap mit einer Strategie für die Zukunft der Krebsforschung, -prävention und -versorgung ist erforderlich, um die unterschiedlichen nationalen Ansätze und Strukturen auf europäischer Ebene zu verzahnen. Dies wird unter anderem auf dem nächsten Europäischen Forum Onkologie am 13. und 14. Mai 2013 in Brüssel erörtert werden.

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