Reinhard Busse ist Professor für Management im Gesundheitswesen an der Technischen Universität Berlin und forscht seit Jahren zur Krankenhausstruktur. Im Interview mit Hajo Zenker sagt er, was sich dort ändern muss.

Deutschland hat vergleichsweise viele Krankenhausbetten. Sie plädieren seit langem für eine radikale Neuordnung des Klinksystems. Stehen die Chancen bei der GroKo dafür besser als bisher?

Reinhard Busse: Hauptprobleme der  Krankenhauslandschaft sind sowohl Überkapazitä­ten als auch die Zersplitterung, also die mangelnde Konzentration von akuten und komplexen Fällen. Ob und inwiefern die Anzahl von Kliniken der entscheidende Treiber für die sehr hohe – und vor allem steigende – Anzahl von Krankenhausbehandlungen ist, darüber wird gestritten. Auf jeden Fall verteilen sich die Fälle auf eine hohe An­zahl von Krankenhäusern, die für bestimmte Patientenbelange oftmals weder technisch noch personell adäquat ausgestattet sind. Gleichzeitig wird oft nicht die verhältnismäßig geringe Ausstattung mit klinischem Personal pro Bett und Fall betrachtet.

Worauf kommt es vor allem an?

Ob die Chancen, diese eng miteinander verwobenen Probleme ernsthaft anzugehen, in der neuen GroKo besser als in der letzten sind, hängt insbesondere vom neuen Minister ab. Er wird ja entschlossen agieren müssen, wenn er sich als erfolgreicher Politiker profilieren will – ob die Krankenhausstruktur dazu zählt, bleibt abzuwarten. Ich hoffe aber, dass er dies tut – statt sich nur auf den „Pflegemangel“ zu stürzen und die Überkapazitäten an Betten jetzt auch noch mit Pflegepersonal überauszustatten.

Was müsste man  Ihrer Ansicht nach denn als erstes tun?

Die drei Punkte, zu viele Kliniken mit zu vielen Betten, zu wenig Zentralisierung und zu wenig Personal für die Anzahl an Krankenhäusern, Betten und Patienten und zudem noch der Investi­tionsstau, hängen so eng zusammen, dass sie gemeinsam gelöst werden müssen. Der Einstieg könnte über strikte Vorgaben an Struktur- und Prozessqualität erfolgen, also etwa Notfalleinlieferung von Schlaganfallpatienten nur in Häusern mit Schlaganfall-Einheit.

Was meinen Sie im Detail?

Die haben bisher nicht einmal 500 der knapp 1.300 Krankenhäuser, die zurzeit Schlaganfälle behandeln. Zudem braucht man einen neurologischen Facharztstandard rund um die Uhr. Ähnliches könnte für Herz­infarkt-Behandlungen, Patienten mit schwe­ren Verletzungen und so weiter gelten.