Gesundheit:"Welche und wie viele Krankenhäuser braucht das Land?"

Operation

Ginge es nach den bayerischen Krankenkassen, würde es im Freistaat bald nur noch etwa 50 große Kliniken geben.

(Foto: dpa)
  • Vor der Wahl hatte Hubert Aiwanger versprochen, alle Krankenhäuser auf dem Land zu erhalten.
  • Die kleinen Kliniken, die von Schließungen bedroht sind, treibt die Frage um, ob sich die Freien Wähler in den Koalitionsverhandlungen gegen die CSU werden durchsetzen können.

Von Dietrich Mittler

Noch ist kein Wort aus den Koalitionsverhandlungen gedrungen, ob sich die Freien Wähler (FW) gegenüber der CSU mit ihrer Forderung durchsetzen konnten, alle Landkrankenhäuser zu erhalten. Im mittelfränkischen Hersbruck, wo eine Krankenhausschließung droht, treibt das Stillschweigen manche regelrecht um.

Angelika Pflaum, eine der Organisatoren des Widerstands, schickte an einen der Verhandelnden eine Whatsapp-Nachricht: "Ich weiß, dass die Koalitionsverhandlungen noch laufen, aber sollen wir jetzt eine Feier oder eine Demo planen?" Die Antwort lautete sinngemäß: Man möge sich doch bitte in Geduld üben.

Neben den Hersbruckern warten auch im Landkreis Main-Spessart oder im Kreis Freyung-Grafenau Bürgerinnen und Bürger darauf, ob die Freien Wähler ihr Krankenhaus vor der Schließung bewahren können. Sollten diese in den Verhandlungen "einknicken", ist mit den Hersbruckern eine Aktion geplant. "Dann werden wir Hubert Aiwanger voraussichtlich in München ein gemeinsames Schreiben überreichen", sagt Pflaum. Schließlich habe sich Aiwanger den Hersbruckern bereits vor der Landtagswahl als verlässlicher Mitstreiter angepriesen.

Doch nicht nur bei den Bürgerinitiativen steigt die Spannung. Auch Bayerns Krankenkassen würden nur zu gerne wissen, was sich gerade am Verhandlungstisch abspielt. Und auch sie geben zum Ausdruck, was sie sich erhoffen: dass die Freien Wähler mit ihrer Forderung scheitern und in Bayern sehr wohl kleine Krankenhäuser von der Bildfläche verschwinden.

Um diese Position zu untermauern, lud der Verband der Ersatzkassen in Bayern erst kürzlich zu einem Fachforum unter dem Motto "Welche und wie viele Krankenhäuser braucht das Land?" ein - mit einem Impulsvortrag von Gesundheitsökonom Reinhard Busse von der TU Berlin.

Busse präsentierte da Dänemark als Beispiel. Kleine Häuser gehören in Dänemark der Vergangenheit an. Dort sollen nur noch 21 große und optimal ausgerüstete Krankenhäuser die Versorgung sicherstellen. Busses These: Wenn man die in Dänemark geplante Krankenhausdichte auf Bayern übertrüge, blieben von den bislang 240 bayerischen Akutkrankenhäusern noch 50 übrig. "Und damit käme Bayern ganz gut aus", geben begeisterte Kassenvertreter seine Worte wieder.

"Effekthascherei und wissenschaftlich nicht sauber"

Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, kann da nur den Kopf schütteln. Busses Ausführungen seien "Effekthascherei, hochpopulistisch und statistisch wie wissenschaftlich nicht sauber". Ralf Langejürgen, Leiter des Verbandes der Ersatzkassen in Bayern, plädiert indes ebenfalls für "die Schaffung größerer Betriebseinheiten bei gleichzeitigem Wegfall von Kleinstkrankenhäusern". Wo und in welchem Umfang stationäre Leistungen erbracht werden dürfen, darüber müsse die Behandlungsqualität entscheiden.

Qualitätsmängel in der Patientenversorgung müssten notfalls "bis hin zum Entzug des Versorgungsauftrags führen". Sigrid König, Chefin des BKK-Landesverbandes Bayern, sagt ihrerseits: Nicht eine flächendeckende und hohe Krankenhausdichte mit kurzen Anfahrtswegen sei das entscheidende Kriterium, sondern allein die optimale Patientenversorgung.

Irmgard Stippler, Vorsitzende der AOK Bayern, sieht das auch so: Gute Versorgung hänge nicht von der Zahl der Krankenhäuser ab. Aber es gebe "keine Blaupause für ganz Bayern". Womöglich sei es bisweilen sinnvoll, in Gesundheitszentren die ambulante und stationäre Versorgung zu verzahnen.

In diese Richtung zielt ein neues Gutachten der Universität Bayreuth für die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Demnach könnten ländliche Häuser der Grund- und Regelversorgung in "Intersektorale Gesundheitszentren" umgewandelt werden, die durchaus noch einige Betten für die pflegerische Patientenbetreuung rund um die Uhr bereithalten. Unter den Hersbruckern geht die Diskussion gerade erst los, ob das für sie wirklich eine sinnvolle Lösung ist.

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