Station um Station wird geleert. Es gibt nur noch eine Diagnose: beidseitige Lungenentzündung. Patient nach Patient wird positiv auf das neue Coronavirus Sars-CoV-2 getestet. "Es gibt keine Chirurgen, Urologen, Orthopäden mehr, wir sind nur Ärzte, die plötzlich Teil eines einzigen Teams werden, um diesem Tsunami zu begegnen, der uns überwältigt hat."

Diese Schilderungen des jungen italienischen Arztes Daniele Macchini gehen dieser Tage an niemandem mehr einfach so vorbei. Besonders nicht an denen, die in ähnlichen Berufen arbeiten und sich auf die vom neuen Coronavirus ausgelöste Lungenerkrankung Covid-19 einstellen müssen. Macchini arbeitet in der besonders hart getroffenen Lombardei. Mit seinem Facebook-Post wollte er Leute warnen: Bleibt zu Hause, sorgt dafür, dass das Virus keine Chance hat, sich weiter auszubreiten. Denn sonst droht bald folgendes: Ärzte müssen Patienten abweisen, weil die Krankenhäuser überlastet sind. Die Gesellschaft der italienischen Anästhesisten und Intensivmediziner veröffentlichte sogar Empfehlungen, welche Patienten behandelt werden sollen, wenn die Intensivstationen überlastet sind – und welche Patienten abgewiesen werden müssen und deshalb sterben könnten.

Noch sind die Zahlen in Deutschland nicht annähernd so hoch wie in Italien. Aber weil sich Sars-CoV-2 exponentiell ausbreitet, könnte es sein, dass es auch hierzulande in wenigen Wochen Zehntausend oder Hunderttausend Fälle gibt. Etwas, das es unbedingt zu verhindern gilt, indem Infektionsketten nachverfolgt werden, Menschen in Quarantäne gehen und wir alle möglichst wenig sozialen Kontakt haben. Und doch stellt sich die Frage: Haben deutsche Krankenhäuser genügend Kapazitäten, wenn die Zahl schwerkranker Corona-Patienten steigt?

Deutlich mehr Intensivbetten als Italien

Um die Kapazitäten abzuschätzen, muss man zunächst Krankenhausbetten zählen. In Deutschland, erklärt Reinhard Busse, Professor für Gesundheitsmanagement an der Technischen Universität Berlin, gibt es 450.000 Betten und damit weit mehr als in anderen Ländern. 100.000 davon seien leer, in ihnen könnten also theoretisch Covid-19-Erkrankte behandelt werden, sagte er dem deutschen Science Media Center. Wichtiger sind jedoch die Betten auf Intensivstationen, auf denen schwere Fälle beatmet werden können – und andere lebensrettende Maßnahmen erhalten. Diese Intensivbetten sind, wie die Erfahrungen aus China und Italien zeigen, der Flaschenhals des Systems.

Aber auch hier sei Deutschland gut aufgestellt, sagt Busse: "Im Vergleich zu Italien haben wir bezogen auf 1.000 Einwohner zweieinhalb Mal so viele Intensivbetten." Es sind insgesamt rund 27.000 bis 28.000. Natürlich sind diese Betten nicht immer frei. Aber trotzdem, rechnet Busse ganz grob vor, könnten jeden Tag 2.000 Covid-19-Patientinnen und -patienten auf Intensivstationen aufgenommen werden. Was die Betten dort angeht, würden uns die "italienischen Verhältnisse noch längst nicht überlasten". 

Clemens Wendtner, Leiter der Spezialeinheit für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionen am Klinikum Schwabing in München, hat die ersten Corona-Fälle Ende Januar betreut. Er wähnt seine Klinik weiterhin gut vorbereitet: "Wir haben die Vorgaben des Pandemieplans umgesetzt und Pandemiezonen im Klinikum eingerichtet." Auch in vielen anderen Kliniken wurden ganze Flügel zur Verfügung gestellt und etwa Stationen freigemacht, um Verdachtsfälle zu behandeln, bis ein Testergebnis vorliegt. Viele Sars-CoV-2-Infizierte brauchen zudem kein Krankenhaus, sondern können sich daheim auskurieren.