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Gutachten bringt Spahn in Erklärungsnot: Privat-Kliniken sacken Corona-Milliarden ein, doch den Patienten bringt das nichts
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Gesundheitsminister Spahn
dpa/Michael Sohn/POOL AP/dpa Gesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Berlin.
  • FOCUS-online-Redakteur

„Whatever it takes“, werde er den Kliniken zahlen, versprach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu Beginn der Corona-Krise. Spahn hat Wort gehalten: Viele Krankenhäuser konnten dank der üppigen Corona-Hilfen ihre Erlöse kräftig steigern. Den Patienten hat das allerdings nichts gebracht. Im Gegenteil.

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Mit dem am 28. März 2020 verabschiedeten Covid-19-Krankenhausentlastungspaket wollte der Gesetzgeber die deutschen Krankenhäuser in der Corona-Krise finanziell absichern. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung stand auf dem Spiel.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verteilte zu Beginn der Corona-Pandemie daher großzügig Geld an Krankenhäuser, Vertragsärzte und Pflege-Einrichtungen, um mögliche Mehrbelastungen abzufedern. Vor allem Krankenhäuser wurden bis September kräftig unterstützt, um die Versorgung für eine wachsende Anzahl von Patienten mit einer Coronavirus-Infektion sicherstellen zu können. Operationen und Behandlungen mussten verschoben werden, um Kapazitäten und Intensivbetten für die Behandlung von Patienten mit einer Covid-19-Infektion freizuhalten.

  • Für jedes Bett, das so im Zeitraum vom 16. März bis zum 30. September 2020 nicht belegt wurde, bekamen die Krankenhäuser eine Pauschale in Höhe von 560 Euro pro Tag – die sogenannte Freihaltepauschale.
  • Auch Mehrkosten für Schutzausrüstungen übernahm das Ministerium von Jens Spahn: Krankenhäuser erhielten vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 einen Zuschlag in Höhe von 50 Euro pro Patient.

Die Mehrausgaben für den Bundeshalt hatte das BMG mit voraussichtlich rund 2,8 Milliarden Euro in 2020 veranschlagt. Bis Ende September wurden es fast fünf Milliarden Euro.

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Privat-Kliniken konnten dank Spahn Nettoerlöse um 14,3 Prozent steigern

Das viele Geld hätte es gar nicht gebraucht. Die erste Corona-Welle ebbte schnell ab und die Krankenhäuser blieben von einer Springflut verschont. Profitiert haben davon lediglich die chronisch klammen Krankenhäuser, die die Geldspritze des Gesundheitsministers dankend annahmen – vor allem Privatkliniken.

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Der Expertenbeirat des BMG, der den Geldstrom der Steuergelder analysierte, kam am Ende der Gießkannenpolitik Spahns zum Ergebnis, „dass die einheitliche Pauschale in Höhe von 560 Euro zur Überkompensation der Erlösausfälle bei einigen Krankenhäusern geführt hat“. Ganz besonders profitierten vom plötzlichen Geldregen etwa Kliniken, die teilstationäre Leistungen erbringen, oder Einrichtungen, die mit der Pandemie kaum etwas zu tun hatten: „Psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen konnten im Durchschnitt Erlöszuwächse von acht bis neun Prozent verzeichnen“, schreibt der Expertenbeirat in seinem Gutachten, das FOCUS Online vorliegt: Private Kliniken konnten hier demnach allein von Januar bis Mai 2020 ihre Nettoerlöse um durchschnittlich 14,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern – inflationsbereinigt.

„Vorhersehbar“: 4,7 Milliarden Euro für freigehaltene Betten, die nie belegt wurden

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zahlte für seinen Dienstherren Spahn allein bis zum 2. Juni 2020 über 4,7 Mrd. Euro für die Einnahmeausfälle der Krankenhäuser in Form von Freihaltepauschalen aus. Vier Milliarden Euro (85 Prozent) bekamen Krankenhäuser und rund 700 Mio. Euro (15 Prozent) psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen.

Größere Krankenhäuser hingegen, die Kapazitäten für Covid-19-Patienten freihalten sollten, konnten sich weniger über den Geldsegen der Bundesregierung freuen und mussten herbe Einbußen ausgleichen. Vor allem die großen Universitätskliniken. Zu leiden hatten auch die anderen Patienten, deren Behandlung aufgeschoben wurde: „Die Versorgung von COVID-19-Fällen beanspruchte im Durchschnitt weniger als zwei Prozent der gesamten Betten und vier Prozent der Intensivbetten“, schreibt der Expertenbeirat. Im Gegenzug brachen die Bettenbelegungen der Krankenhäuser im Frühjahr um bis zu 42 Prozent ein.

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Erst Mitte Juli sah das BMG von einer Freihaltepauschale ab und differenzierte die Zuschüsse. Psychiatrische Einrichtungen bekamen nur noch 280 Euro pro Tag und Bett, große Kliniken dagegen sogar 760 Euro. Zu spät. Das meiste Geld war schon ausgegeben, schreibt der Beirat unter Federführung von Professor Reinhard Busse von der TU Berlin.

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Ein Großteil der 4,7 Milliarden Euro Fördergelder floss also fehlgeleitet in die weitverzweigten Kanäle des Gesundheitswesens. Professor Busse zu FOCUS Online: „Ich denke, dass das eigentlich vorhersehbar hätte sein müssen.“

7300 Intensivbetten bleiben weiter verschwunden

Des Weiteren haben die Krankenhäuser auch von der Förderung neuer Intensivbetten profitiert. Für jedes Intensivbett, das die Krankenhäuser zusätzlich schufen, gab es im ersten Halbjahr einen Zuschuss in Höhe von 50.000 Euro, ebenfalls finanziert aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds.

40.000 Intensivbetten wollte das Gesundheitsministerium in der Krise parat haben. Das hat nicht geklappt. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins „Kontraste“ wurden im Frühsommer rund 7300 Betten zu viel gemeldet. Im DIVI-Register ließ sich damals die Zahl der Intensivbetten rückverfolgen: Laut DIVI gab es Ende Juni nur rund 32.400 Intensivbetten. Nach ausgezahlten Steuergeldern hätten es aber mehr als 39.700 Betten sein müssen. Fördergelder in Höhe von rund 365 Millionen Euro sind so unter den Matratzen fiktiver Intensivbetten verschwunden.

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Das Gesundheitsministerium macht keine klaren Angaben dazu, was mit dem Geld passiert ist. Auf Nachfrage von FOCUS Online antwortet das BMG lediglich: „Es ist definiert, wann ein Behandlungsplatz als betreibbar gilt: Es müssen ein Raum, funktionierende Geräte, Material, Betten und personelle Besetzung mit pflegerischem und ärztlichem Fachpersonal vorhanden sein und eingesetzt werden können. Wir gehen davon aus, dass die Krankenhäuser Betten melden, die sie auch betreiben können.“

Doch nachgeprüft hat das keiner. Allerdings hätte man wissen können, dass die Krankenhäuser nicht auf die Schnelle die Zahl funktionsfähiger Intensivbetten verdoppeln können. Allein, weil das Fachpersonal fehlt. Die Weiterbildung zur Intensivpflege-Fachkraft dauert für Krankenschwestern und Pfleger zwei Jahre. Professor Busse zu FOCUS Online: „Es wurde vergessen zu fordern, dass die Intensivbetten nicht nur geschaffen werden, sondern auch - insbesondere hinsichtlich des Pflegepersonals - betrieben werden können.“ Im weiteren Verlauf der Krise könnte sich dieses Versäumnis bitter rächen.

Fazit: Die Hilfsmaßnahmen des Bundesgesundheitsministeriums in der ersten Corona-Welle waren teuer und wirkungslos. Doch ein neuer Anlauf ist bereits beschlossen: Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz, das der Bundestag am 18. September verabschiedet hat, will Minister Spahn weitere drei Milliarden Euro für die Krankenhäuser bereitstellen.

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