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Vorschlag der Opposition : Corona-Impfstoff ist noch knapp: Könnten Lizenz-Vergaben den Turbo zünden?
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Coronavirus - Impfbeginn Schleswig-Holstein
Markus Scholz/dpa/Pool/dpa

Auch in Schleswig-Holstein starteten am Sonntag die ersten Corona-Impfungen - jedoch nicht ohne Pannen.

  • FOCUS-online-Autorin

Die Opposition hat den Vorschlag zuerst auf den Tisch gebracht: Der Bundesgesundheitsminister muss die Lizenz für den Biontech-Impfstoff freigeben, damit andere Pharma-Unternehmen ihn ebenfalls produzieren können. Aber ist das so einfach zu bewerkstelligen? FOCUS Online hat nachgefragt.

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Seit dieser Woche laufen die Corona-Impfungen in Deutschland an. Doch der heiß begehrte Impfstoff ist zunächst knapp. Deshalb macht die Opposition nun Druck: Das Impfen könne durch eine Lizenzfreigabe beschleunigt werden. So würden auch andere Unternehmen bei der Produktion des neuen Heilsbringers helfen. Doch das lehnt Bundesgesundheitsminister Spahn ab. Aber: Ist der Vorschlag wirklich so abwegig?

"Es ist ein Anfang": Der Corona-Impfstoff ist noch knapp

Laut Gesundheitsministerium sind in Deutschland insgesamt 136,3 Millionen Dosen des Impfstoffs gegen den Corona-Virus sicher. Diese können auch nahezu alle 2021 geliefert werden. Da die Impfung zweimal verabreicht werden muss um Wirkung zu zeigen, können 68,2 Millionen Bürger geimpft werden – also rund drei Viertel der deutschen Bevölkerung.

Bis allerdings der Großteil der Menschen in Deutschlang geimpft ist, kann es noch einige Monate dauern. „Es ist ein Anfang“, sagte Spahn. „Wir werden erst Mitte des Jahres in die Fläche gehen können. Die Jüngeren müssen sich gedulden, die Höchstbetagten kommen zuerst.“ Sofern weitere Präparate eine Zulassung erhalten, kann also bis zum Sommer allen Bürgern ein „Impfangebot“ gemacht werden.

Jens Spahn
dpa/Michele Tantussi/Reuters/Pool/dpa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nimmt seinen Mundschutz ab.
Grund dafür: Man habe laut Spahn nicht wissen können, welcher Impfstoff zuerst zur Verfügung stehen würde und deshalb erst „auf alle Pferde gesetzt“. Nun werde die Produktion von Biontech/Pfizer hochgefahren. Doch das kann dauern, denn die Herstellung eines Impfstoffs ist hoch anspruchsvoll.

Opposition fordert Lizenzfreigabe

Doch lässt sich der Prozess wirklich nicht beschleunigen? Die Opposition fordert nun die Lizenzfreigabe des Corona-Impfstoffs. FDP-Chef Christian Lindner hatte am Sonntag in einer „Bild“-Sendung gefordert, Deutschland müsse rechtlich, wirtschaftlich, politisch und technologisch alles tun, damit schneller geimpft werden könne. Man sollte darüber nachdenken, ob ein knapper Impfstoff wie der von Biontech nicht von anderen Herstellern in Lizenz produziert werden könnte. Er forderte eine „Krisenproduktion“, um die Kapazitäten zu steigern.

Christian Lindner
dpa/Kay Nietfeld/dpa „Die Regierung sollte mit der pharmazeutischen Industrie insgesamt prüfen: Wo gibt es noch Kapazitäten, die genutzt werden können für die Produktion eines Impfstoffs?“, sagt Christian Lindner.
Die Linke geht dabei noch weiter: „Ich fordere Gesundheitsminister Spahn dazu auf, den Hersteller des Impfstoffs zu zwingen, Lizenzen zur Herstellung des Impfstoffs an andere Hersteller zu vergeben, damit sehr schnell große Mengen zur Verfügung stehen“, sagte Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, zu FOCUS Online. Denn dadurch könnte die Pandemie schneller beendet und zahllose Menschenleben gerettet werden.

Gesundheitsminister Spahn lehnt das aber strikt ab: „Eine Produktion für einen Impfstoff ist hoch anspruchsvoll und hochkomplex, die kann man nicht mal eben per Lizenz bei einem anderen Unternehmen machen.“ Gerade auch für das Vertrauen in den Impfstoff sei es wichtig, dass alle Qualitätsanforderungen eingehalten würden.

Ist es gesetzlich überhaupt möglich, die Lizenz zur Produktion weiterzugeben?

Rechtlich wäre es jedenfalls möglich, dass auch andere Firmen den Corona-Impfstoff produzieren. Das Bevölkerungsschutzgesetz würde dem Bundesgesundheitsministerium sogar die Enteignung von Unternehmen erlauben, wenn dadurch die Versorgung in der Pandemie durch Medikamente und andere Produkte sichergestellt werden kann – das umfasst auch das Knowhow, wie der Impfstoff hergestellt wird.

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Zwar müsste ein Pharmaunternehmen wie Biontech laut Gesetz „angemessen entschädigt“ werden, könnte aber gezwungen werden sein Patent aufzugeben und die Herstellung des Impfstoffs öffentlich zu machen.

Eine Lizenzvergabe gab es bereits bei HIV-Medikamenten. Mit Blick auf die weltweite AIDS-Epidemie hatten Originalanbieter freiwillig Lizenzen an Generika-Firmen zur Nachproduktion ihrer Präparate gegeben oder auf die Verfolgung von Patentrechten gegenüber Generika-Unternehmen verzichtet. Allerdings wurde dies nicht durch den Staat vorgegeben.

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Es ist auch nicht unüblich, dass Firmen, die einen Impfstoff erforscht haben, diesen nicht selbst produzieren. Im Gegensatz zu Biontech/Pfizer, die auch Fertigung und Vermarktung des Corona-Impfstoffs übernehmen, beauftragt die US-amerikanische Biotechfirma Moderna den Schweizer Pharmahersteller Lonza mit der Herstellung des Präparats.

Auch für Professor Reinhard Busse von der TU Berlin ist die Lizenzweitergabe an andere Hersteller grundsätzlich unproblematisch. Doch dann geht es auch um Entschädigungszahlungen an den bisherigen Lizenznehmer: „Das ist natürlich auch eine Frage des Preises, eine Impfdosis soll ja zwölf Euro kosten“, so Busse zu FOCUS Online. Die „Welt“ berichtet sogar von knapp 17 Euro pro Dosis, die Pfizer dem Bund in Rechnung stellt. Eine Lizenzfreigabe gibt es also für den Bund nicht umsonst.

Produktion durch Dritte ist laut Spahn technisch und logistisch nicht möglich

Es wäre also gesetzlich möglich eine Produktion des Corona-Impfstoffs auch an Dritte zu geben, doch Spahn kritisiert besonders, dass der Vorschlag der Opposition technisch nicht umsetzbar ist. Er warnt im ZDF vor falschen Hoffnungen. „Es wird so getan, als könne man die Produktion mal eben innerhalb von drei, vier Wochen beliebig hochfahren“, sagt Spahn. Der Aufbau der Kapazitäten brauche aber Vorlauf.

Biontech-Lieferung
dpa/Boris Roessler/dpa Ein Kühltransporter fährt vom Biontech-Gelände in Mainz. 1,3 Millionen Impf-Dosen will das Unternehmen noch in diesem Jahr liefern.
Auch Vertreter der Pharmaindustrie halten den Vorstoß der Opposition für nicht umsetzbar. „Impfstoffherstellung gehört zum Anspruchsvollsten in der Arzneimittelproduktion“, sagt Rolf Hömke, Forschungssprecher des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) zu FOCUS Online. Es erfordere spezielle Ausrüstung und Kompetenzen. Zudem würden bereits die Originalhersteller des Corona-Impfstoffs nach Partnern Ausschau halten, durch die die Produktion gesteigert werden könnte.

Lesen Sie zum Thema auch: Aufs falsche Pferd gesetzt? - Deutschland startet ohne genug Impfstoff: Wie kam es zum Fiasko-Deal mit Sanofi?

In der vergangenen Woche hatte Biontech-Chef Ugur Sahin erklärt, sein Unternehmen suche bereits nach weiteren Partnern für die Produktion. Vor wenigen Wochen übernahm Biontech ein Werk in Marburg vom Schweizer Pharmariesen Novartis. „Ziel ist, noch im Februar/März dort auch Produktion möglich zu machen. Und das würde die Menge enorm erhöhen“, sagte Gesundheitsminister Spahn im ZDF-Morgenmagazin. Eine Umstellung sei also unnötig.

"Wir sprechen hier nicht von einer Fensterproduktion"

Pharma-Industrie und Wirtschaftsexperten sehen bei einer Lizenzfreigabe vor allem technische und logistische Probleme. So warnt auch Manfred Schubert-Zsilavecz, der wissenschaftliche Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker, vor einer Lizenzfreigabe für den Corona-Impfstoff: „Wir sprechen hier nicht von einer Fensterproduktion, sondern von der komplexen Herstellung eines Impfstoffs“, sagt er im Gespräch mit FOCUS Online. „Der Aufwand eines Transfers der Produktion ist so gewaltig und dauert so lange, dass die gewünschten Effekte so nicht erreicht werden.“

Laut Schubert-Zsilavecz, der auch als ehemaliger Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG) bekannt ist, würde diese Lizenzvergabe an weitere Unternehmen den Prozess nicht beschleunigen. „Wenn wir heute beginnen würden eine Lizenzierung ins Auge zu fassen, dann ist das Unternehmen, an das die Aufgabe übertragen wird, in Monaten erst in der Lage den Corona-Impfstoff zu produzieren“, sagt der Experte.

Auch Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, vertritt gegenüber FOCUS Online die Meinung, dass man nicht einfach an beliebigen Standorten eine Produktion starten kann. Hüther glaubt, dass das Problem des langsamen Impfprozesses eine ganz andere Ursache hat: „Das Problem scheint mir nicht an der Produktion des Impfstoffs zu liegen, sondern an der Durchführung der Impfungen.“

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