Gesundheitssystem im Corona-Stress

Wie belastbar sind deutsche Kliniken?

07:36 Minuten
Drei Krankenschwestern stehen bei einem Patienten an einem Bett im Krankenzimmer mit Geräten der Intensivmedizin.
Die Krankenhäuser müssen besser eingeteilt werden, meint Reinhard Busse: für Covid-19-Patienten und für die anderen. © imago / Rainer Weisflog
Reinhard Busse im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 23.03.2020
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Die steigende Zahl von Corona-Erkrankten belastet zunehmend auch die deutschen Kliniken. Da komme noch einiges auf uns zu, warnt der Gesundheitsökonom Reinhard Busse. Doch Deutschland stehe im Verhältnis zu anderen Ländern recht gut da.
Aktuell gibt es in Deutschland laut der Johns-Hopkins-University über 24.800 Covid-19-Fälle. Weltweit ist das Platz 5. Doch die Zahlen steigen weiter – und könnten auch hiesige Krankenhäuser an die Belastungsgrenze bringen. "Da kommt einiges auf uns zu", sagt Reinhard Busse, Gesundheitsökonom an der Technischen Universität Berlin. Zwar sei Deutschland noch einige Wochen den Verhältnissen in Italien, insbesondere in der Lombardei, hinterher. "Aber wir müssen uns ganz klar darauf vorbereiten."
Was Intensiv- und Beatmungsbetten betreffe, so stehe Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern besser da, so Busse: "Wir haben etwa zweieinhalb Mal so viele Beatmungsbetten pro Kopf der Bevölkerung wie Italien." Zudem würden Beatmungsmaschinen aus den OP-Sälen, in denen jetzt weniger operiert werde, auf Intensivstationen verschoben. Auch der Bund habe Beatmungsgeräte gekauft. Und die Intensivmediziner seien "extrem gut vorbereitet", hätten sich zusammengeschlossen und eine Datenbank aufgebaut.

Viele Krankenhäuser haben keine Intensivstationen

Den Umbau von Hotels oder Messehallen in temporäre Kliniken sieht Busse kritisch. Denn wenn es zu einem Engpass komme, gehe es vor allem um Beatmungsbetten. Normale Krankenhausbetten gebe es dagegen genug, zumal auch der Reha-Sektor noch Kapazitäten habe.
Der Gesundheitsökonom empfiehlt Krankenhäusern, eine strikte Trennung zwischen Covid-Patienten und anderen vorzunehmen:
"Das passiert leider noch nicht so richtig gut - also dass bestimmte Krankenhäuser sich auf die Covid-Patienten konzentrieren und die anderen, wo sehr sensible Patienten mit Krebs in Chemotherapie sind, dass die die Nicht-Covid-Patienten behandeln."
Die aktuelle Situation zeigt nach Ansicht des Gesundheitsökonomen auch, dass viel klarer werden müsse, wie viele Krankenhäuser wirklich gebraucht würden. Sie müssten technisch und personell gut ausgestattet sein. Derzeit hätten viele keine Intensivstationen und könnten nicht beatmen. "Wenn wir jetzt schon eine verbesserte Struktur hätten, wären wir auch noch besser dran, als wir es schon sind," meint Busse.
(bth)
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