Inhalt des Dokuments
Leitlinienkonformes Praxiswissen am Beispiel Schlaganfall
Autor | Hasenbein U, Schulze A, Kuß O, Busse R, Wallesch C-W |
Verlag | Dt Ärzteblatt 103(24): A1672-A1679 |
Zusammenfassung
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) hat im Jahr 2002 Leitlinien zur Schlaganfallversorgung verabschiedet. In einer Querschnittsuntersuchung wurden nach der Publikation 99 Ärzte neurologischer Akutkliniken befragt. Ziel war die Ermittlung der Übereinstimmung des praktisch angewendeten Wissens mit den DGN-Leitlinienempfehlungen in neun Handlungsfeldern sowie möglicher Einflussfaktoren auf den Grad dieser Übereinstimmung. Zwei Merkmale der Handlungsfelder erwiesen sich für die Leitlinienkonformität als bedeutsam: Sie war umso höher, je weniger Evidenz in den Leitlinien angegeben war und je höher die Befragten den Nutzen gegenüber den Risiken ansahen. Seitens individueller Merkmale war relevant, wie flexibel und teamorientiert ein Arzt ist, wie hoch der Anteil der von ihm behandelten Schlaganfallpatienten ist, welche Informationsquellen er nutzt und ob Managemententscheidungen als partizipativ wahrgenommen werden. Zusammenhänge mit Klinikmerkmalen fanden sich hinsichtlich der Arztdichte (pro Bett), Internet-Verfügbarkeit, klinikinternen Veränderungen und Personalfluktuation. Die Existenz klinikinterner Schlaganfall-Leitlinien hing positiv mit der Leitlinienkonformität zusammen. Leitlinienautoren sollten sich verstärkt auf praktisch relevante Entscheidungsmerkmale auch bei schwacher Studienlage konzentrieren, deutlicher zwischen Evidenz und Empfehlung differenzieren und Implementierungsvorschläge unterbreiten. Die Kliniken sollten besonders das Handeln in stark evidenzbasierten Bereichen prüfen, auf die gleichzeitige Einführung vieler Leitlinien verzichten, sich ein realistisches Bild von der eigenen Leitlinienanwendung verschaffen, die Personalfluktuation reduzieren, Leitlinien nicht in veränderungsreichen Zeiten einführen und ihr Wissensmanagement verbessern.